Dein ultimativer Protein-Guide
Proteine sind in aller Munde. Vom der muskelstarken Bodybuilding-Szene, über Werbung für den neusten Diät-Shake bis hin zur optimierten Seniorenernährung, sind Proteine das Wundermittel des 21. Jahrhunderts.
Aber auch wenn du nicht 3-mal täglich im Gym pumpen gehst. Der 70. Geburtstag noch in weiter Ferne liegt und du keinen Bedarf hast mit der brandneuen phänomenalen Low Carb Diät 10 Kilogramm in 2 Tagen zu verlieren, kommst du als Veganer*in um das Thema Proteine nicht herum.
Musst du als Veganer*in einen Proteinmangel befürchten? Enthalten pflanzliche Lebensmittel genug Protein? Ist tierische Protein besser? Und was sind die besten veganen Proteinquellen?
Zeit sich die wissenschaftlichen Fakten anzuschauen und Vorurteile erbarmungslos zu zerstören.
Was sind Proteine?
Obwohl in einigen Fällen vom „Protein“ geredet wird, sind es in Wirklichkeit „Proteine“. Der Plural.
Über 50.000 unterschiedlicher Proteine sind bis dato bekannt. Einige Tausend findest du in deinem eigenem Körper.
Proteine werden bevorzugt als Ketten bzw. zusammengeballte Knäule dargestellt. Die Ketten bestehen aus einzelnen Aminosäuren, die über sogenannte Peptidbindungen miteinander verbunden sind.
In deinem Körper gibt es 20 verschiedene Aminosäuren. Im Durchschnitt sind 100 bis 300 Aminosäuren an einem Protein beteiligt. Du kannst dir das ganze wie eine Art Baukastensystem vorstellen. Die Anordnung der Aminosäuren bestimmt über das Aussehen und sie Funktion des Proteins.
Wofür brauchst du Proteine?
Für praktisch alles. Nicht ohne Sinn leitet sich das Wort Protein aus dem griechischen „proteios“ ab, und bedeutet so viel wie „grundlegend“ bzw. „Vorrangiger“.
Proteine, oder veraltete „Eiweiße“ gehören mit Fetten und Kohlenhydraten zu den Makronährstoffen. Von diesem musst du täglich, anders als bei den Mikronährstoffen, eine große Menge aufnehmen. Allerdings werden Proteine nicht wie Fette und Kohlenhydrate primär zur Energieversorgung genutzt. Dafür sind sie an anderer Stelle zu wichtig.
Am bekanntesten dürften Proteine im Zusammenhang mit der Muskulatur sein. Als Aktin und Myosin sorgen sie nicht nur für baumstammdicke Oberarme, sondern dienen der allgemeinen Bewegung deiner Muskeln. Als Transportproteine sorgt Hämoglobin auch für Bewegung in deinem Inneren, indem es Sauerstoff durch dienen Blutkreislauf transportiert. Daneben helfen Proteine als Enzyme bei der Verdauung deines Frühstücks. Als Antikörper schützen sie dich vor der nächsten Erkältung. Und als Kreatin sorgen sie für glänzende Haare. Nicht zuletzt regulieren Proteine als Insulin deinen Blutzucker und geben deinem Körper in Form von Kollagen seine Form.
Wie viel Protein brauchst du?
Bei der Fülle an Aufgaben benötigst du bestimmt unglaublich viele Proteine. Oder?
Zunächst brauchst du eigentlich keine Proteine, sondern die einzelnen Aminosäuren, die in deinem Körper anschließend zu den benötigten körpereigenen Proteinen zusammengebaut werden. In der Praxis stecken in deinem Essen aber ganze Proteine, die anschließend zerlegt und wieder zusammengebaut werden.
Um ausreichend körpereigene Proteine aufzubauen, sind eigentlich nur 0,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich nötig. Das so wenig Protein ausreicht, liegt an dem klugen Recyclingsystem deines Körpers.
Die Deutsche Gesellschaft und diverse andere Fachgesellschaften für Ernährung empfehlen allerdings pro Tag und Kilogramm Körpergewicht ca. 0,8 Gramm Protein für Erwachsene bei einer omnivoren Ernährung. Der Grund ist ein Sicherheitszuschlag. Wie bereits erklärt bestehen Proteine aus Aminosäuren und dein Körper benötigt eigentlich diese Aminosäuren und nicht die Proteine. Die Proteine, die in deinem Tofu und deinem Müsli stecken, enthalten nicht immer exakt die von deinem Körper benötigten Aminosäuren.
Die Biologische Wertigkeit
Um Proteine zu bauen greift dein Körper auf 20 unterschiedliche Aminosäuren zurück. 11 davon kann er unter normalen Umständen selber herstellen (Nicht-essentielle-Aminosäuren).
Die übrigen 9 musst du allerdings durch deine Nahrung aufnehmen (Essentielle Aminosäuren).
Prinzipiell enthalten zwar fast alle Lebensmittel die benötigten essentiellen Aminosäuren, aber in sehr unterschiedlichen Mengen.
Um festzustellen, wie viel du von einem Nahrungsmittel essen musst, um deinen Aminosäurenbedarf zu decken, kannst du dir das Aminosäureprofil des besagten Lebensmittels anschauen und es mit den Aminosäurebedarf deines Körpers abgleichen.
Oder du nutzt die Biologische Wertigkeit. Diese gibt dir eine Orientierung, wie gut das Nahrungsprotein zu deinem körpereigenen Protein passt und wie viel du folglich davon aufnehmen muss.
Klingt alles kompliziertes als es ist, deswegen zum besseren Verständnis ein einfaches Beispiel:
Sojabohnen haben mit 84 eine hohe Biologische Wertigkeit. Dein Körper kann aus deinem Tofuschnitzel folglich besonders effizient selber Proteine herstellen und sie in deine Muskeln schleusen.
Mais hat nur eine Biologische Wertigkeit von 54. Der Grund ist der niedrige Anteil der essentiellen Aminosäuren Lysin und Tryptophan. Dein Körper benötigt folglich fast doppelt so viel Mais, um ausreichend mit den benötigten Aminosäuren versorgt zu sein.
Protein-Kombis: Smart die Biologische Wertigkeit erhöhen
Keine Sorge, du musst dich in Zukunft nicht ausschließlich von Tofuschnitzeln und Sojanudeln ernähren. Der Trick ist, Proteine bzw. die Aminosäuren zu Kombinieren. Getreide ist zum Beispiel arm an den essentiellen Aminosäuren Lysin und Isoleucin. Von denen sind hingegen reichlich in Hülsenfrüchten versteckt. Hülsenfrüchten leiden jedoch an einem Methionin-Defizit. Du ahnst es bereits. Getreide steckt voller Methionin. Du kombinierst in einem klassischen Chili deine Kidneybohnen mit einer guten Portion Reis und erhältst im Ergebnis eine Biologischer Wertigkeit von fast 100.
Viele dieser effizienten Protein-Kombinationen findest du bereist bei dem Durchstöbern veganer Rezeptideen. Vom klassischen Porridge mit Sojamilch über Vollkornbrötchen mit Linsenaufstrich bis hin zur Tofu-Bolognese und Hummus mit Fladenbrot.
Der Tag hat 24 Stunden
Lange Zeit wurde behauptet, dass du Getreide und Hülsenfrüchte zwingend in einem Gericht packen musst, damit sie sich ergänzen. Aber der Tag hat 24 Stunden. Dein Körper hat einen Aminosäurenspeicher. In diesem wird das Methionin aus deinem Müsliriegel zum Frühstück zwischengelagert und kann sich am Abend mit den Lysin und Isoleucin aus deinem Bohnenburger verbinden.
Im Fazit kannst du zwar die klassischen Protein-Kombinationen nutzen. Es genügt aber auch vollkommen, wenn du über den Tag verteilt Eiweiß aus unterschiedlichen Nahrungsmittel aufnimmst.
Warum brauchen Veganer*innen mehr Protein?
Statt den 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht werden Veganer*innen im Durchschnitt 1 Gramm empfohlen.
Eier haben eine Biologische Wertigkeit von 100. Rindfleisch kommt auf knapp 92. Pflanzliche Proteine liegen deutlich unter diesen. Es ist nicht abzustreiten, dass tierische Proteine effizienter von deinem Körper umgewandelt werden können. Folglich benötigst du weniger Proteine, wenn du tierische Produkte konsumierst. Hinzu kommt, dass Ballaststoffe und andere Substanzen in pflanzlichen Lebensmittel die Proteinaufnahme hemmen können. Also weniger von dem was du isst dort ankommt, wo es gebraucht wird.
Die empfohlenen 1 Gramm sind eine gute Möglichkeit die aufgezählten Einschränkungen veganer Proteine auszugleichen.
Proteinmangel bei Veganer*innen
Die Eiweißmangelkrankheit Kwashiorkor zeigt sich durch einen extrem aufgeblähten Bauch, starken Wassereinlagerungen am gesamten Körper und einem gefährlichen Mangel des wichtigen Bluteiweißes Albumin. In Deutschland ist diese Krankheit aber praktisch nicht existent. In den sogenannten Entwicklungsländern hingegen sind vor allem kleine Kinder betroffen.
Ein beginnender Proteinmangel erkennst du zunächst durch verstärkten Haarausfall, Müdigkeit, Muskelschwäche sowie einer allgemeinen schlechten Wundheilung. Auch Heißhungeranfälle können auf eine unzureichende Proteinversorgung hinweisen. Bei Kindern kommt es zu Wachstumsstörungen. Und entgegen dem Namen, entwickelt sich bei vielen eine Fettleber.
Bei einer energiedeckenden „normalen“ veganen Ernährung musst du keine Angst vor einem Proteinmangel haben. Es gibt aber ein paar Faktoren, die auch in unserer westlichen Welt zu einem Proteinmangel führen können.
Sowohl bei Essstörungen wie Magersucht und Bulimie, wie auch bei Extremdiäten, die nicht den Energiebedarf deines Körpers decken, besteht die Gefahr einer Proteinunterversorgung. Auch High Carb Diäten mit einem stark reduzierten Proteinanteil sind ein Risiko. Nicht zuletzt haben Sportler*innen einen höheren Proteinbedarf, sodass es bei ihnen ebenfalls schneller zu einer unzureichenden Versorgung kommen kann.
Die besten veganen Proteinquellen
Eine durchschnittliche Frau mit 65 Kilogramm benötigt 65 Gramm Eiweiß am Tag. Bereits mit einer Portion gekochter Linsen (200 g) deckt sie fast 1/3 ihres Tagesbedarfs.
Es gibt zahlreiche hervorragende vegane Proteinquellen. Besonders Hülsenfrüchte sowie Nüsse und Samen enthalten reichlich hochwertiges Eiweiß. Aber auch Getreide und vor allem Pseudogetreide wie Quinoa und Amaranth punkten mit einer hohen Biologischen Wertigkeit in Kombination mit einem hohen Proteinanteil.
Wusstest du, dass Brokkoli pro 100 Gramm fast 4 Gramm Eiweiß enthält? Klingt wenig? Dann überlege dir wie große eine Portion Brokkoli ist und du kommst leicht auf 10 Gramm Eiweiß alleine durch das kleine grüne Powergemüse.
Mit einer ausgewogenen veganen Ernährung wirst du keine Probleme bekommen, deinen Proteinbedarf regelmäßig zu decken.
Die empfohlenen 1 Gramm sind allerdings ein Richtwert für den Durchschnitt. Machst du viel Sport, bist du Schwanger oder kämpfst gerade gegen eine Infektionskrankheit, erhöht sich dein Proteinbedarf. In diesen Fällen solltest du bewusst besonders poteinreiches Lebensmittel in deinem Speiseplan integrieren. Besonders für Sportler*innen kann auch ein veganes Proteinpulver auf Erbsen-, Soja-, oder Reisproteinbasis den Alltag erleichtern.
Wenn du genau wissen möchtest, wie viel Protein du benötigst und wie du deinen Bedarf eventuell trotz Unverträglichkeiten oder anderen Einschränkungen decken kannst, unterstütze ich dich gerne in Rahmen einer individuellen Ernährungsberatung. Nutze einfach ein unverbindliches kostenloses Vorgespräch.