Iod & Selen
Gestern hast du bereits erfahren, warum Vitamin B12 so ein wichtiges Thema bei der veganen Ernährung ist, dass Vitamin D eigentlich kein Vitamin ist und warum Walnüsse gut für Herz und Hirn sind. Heute lernst du mit Iod und Selen zwei weitere kritische Nährstoffe kennen, die oftmals vernachlässigt werden.
Kritische Nährstoffe: Iod
Jod ist nicht nur für Veganer*innen ein kritischer Nährstoff. Rund 30 Prozent der Erwachsenen und sogar 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland weisen eine Jodzufuhr unterhalb der Empfehlungen auf. Die Jodversorgung scheint sich in den letzten Jahren sogar verschlechtert zu haben.1
Bei einer omnivoren Ernährung sind neben Meerwasserfischen vor allem Milch, Käse und jodiertes Speisesalz die Hauptjodquellen.
Da Fische ins Meer gehören und Milch für Kälber da ist, stellt sich natürlich die Frage, wie du bei einer rein pflanzlichen Ernährung deinen Jodbedarf decken kannst.
Jodmangel
Warum eine ausreichende Jodversorgung für deine Gesundheit enorm wichtig ist, wirst du spätestens merken, wenn du nur noch schlapp in der Ecke liegst, immer mehr zunimmst obwohl du nicht mehr isst und das Gefühl eines Fremdkörpers in der Halsgegend verspürst. Hinzu kommen Haarausfall, Anfälligkeit für Infektionen und bei Kindern das erhöhte Risiko für schwerste Entwicklungsstörungen.
Dein Körper benötigt Jod vor allem für den Stoffwechsel. Der genau Einsatzort ist die Schilddrüse von wo aus Schilddrüsenhormone ihren Einfluss auf praktisch jeden Prozess in deinem Körper ausüben.
Jodversorgung
Da die Bevölkerung in Deutschland bereits vor Jahrzehnten unter den gesundheitlichen Folgen einer unzureichenden Jodversorgung litt, wird in Deutschland Speisesalz mit Jod angereichert.
Nutzt du jodiertes Speisesalz, könnte der Glaube entstehen, damit den Jodbedarf deiner Schilddrüse decken zu können. Allerdings solltest du auf der einen Seite nicht zu viel Salz verwenden und auf der anderen Seite reicht die Jodmenge im Salz einfach nicht zur Bedarfsdeckung. So müssen andere Quellen gefunden werden.
Jodquellen
Jod kann sich in Pflanzen und Tieren anreichern. In Gebieten die nahe am Meer liegen und deren Böden dadurch mehr Jod enthalten, kann sich dieses in den Pflanzen anreichern. Folglich musst du wissen, wo ein Lebensmittel herkommt, um dessen Jodgehalt zu kennen. Da aber unsere deutschen Böden, wie auch die unserer europäischen Nachbarn sehr jodarm sind, kann unser Gemüse und Getreide kaum Jod aus dem Boden aufnehmen. Meersalz enthält im Normalfall übrigens auch keine relevanten Jodmengen.
Pflanzen die aber einem hohen Jodgehalt aufweisen, sind Algen.
Algen
Algen kennst du eventuell nur aus dem veganem Sushi-Restaurant um die Ecke. Eigentlich sind Algen aber sehr interessante Nährstoffquellen, die teilweise sogar als Eiweißquelle der Zukunft gehandelt werden.2 Neben hochwertigen Proteinen enthalten einige Sorten auch reichlich Jod. Leider gibt es einige Stolpersteine, die den unbedarften Algengenuss erschweren.
Zunächst sind nicht alle Algen zur Jodversorgung geeignet. Die bekannten Mikroalgen Chlorella und Spirulina enthalten zum Beispiel keine relevanten Jodmengen. Afa-Algen hingegen sind toxisch. Bei Kombu- und Kelp-Algen schwankt der Jodgehalt, sodass du schnell zu viel aufnimmst.
Potentiell geeignete Algen sind hingegen: Dulse-, Wakame-, und Nori-Algen. Auch hier kann der Jodgehalt schwanken, sodass du darauf achten solltest, nur Algen zu kaufen, bei denen die enthaltene Jodmenge angegeben ist.
Leider reichert sich in Algen nicht nur unkompliziert Jod, sondern auch Umweltgifte und Schwermetalle an. Achte bei Kauf auf zertifizierte Ware aus ökologischer Produktion. Diese sind zwar etwas Teurer, aber du benötigst in der Regel auch nur ein paar Gramm.
Supplemente
Algen sind eine unsichere Jodquelle und die optimale Dosierung zu finden, ist eine Herausforderung. Jodtabletten haben den klaren Vorteil, dass sie eine genau definierte Jodmenge enthalten und des Weiteren frei von Schwermetallen und anderen Giften sind. Der Preis ist zudem ebenfalls moderat.
Ob du lieber Jodtabletten (gibt es auch auf Algenbasis) oder Algen zur Jodversorgung nutzt, ist eine individuelle Entscheidung. Wichtig ist, dass du auf die Dosierung achtest. Sowohl zu wenig (siehe oben) wie auch zu viel Jod kann zu schweren gesundheitlichen Folgen führen.
Iodbedarf
Du benötigst im Durchschnitt nur 200 Mikrogramm Jod pro Tag.3 Allerdings gibt es einige Faktoren die du als Veganer*in beachten solltest, da sie Jodaufnahme beeinflussen.
Es gibt sogenannte goitrogenen Substanzen in Lebensmittel, die deine Jodaufnahme hemmen. Diese Substanzen findest du vor allem in Kreuzblütlern wie Kohl, Meerrettich, Brokkoli und Kapuzinerkresse. Auch Leinsamen, Mandeln, Sojabohnen und Rotklee enthalten relevante Mengen jodhemmender Stoffe.
Nimmst du ausreichend Jod auf, musst du dir bei dem Verzehr der aufgelisteten Lebensmittel keine Sorgen machen. Nur wenn du bereits unter einem Joddefizit leidest, haben sie einen messbaren negativen Einfluss.
Aus Angst vor einem Jodmangel extra viele Algen zu essen oder ein paar mehr Jodtabletten zu schlucken, ist keine gute Idee. Jod wirkt in größeren Mengen toxisch. Neben einer Schilddrüsenüberfunktion zeigt sich eine Überdosierung durch Bauchschmerzen, Durchfall, Fiber, Kurzatmigkeit und Herzrhythmusstörungen.
Wichtig!
Falls du an einer Schulddrüsenfehlfunktion leidest, lass dich zu deiner Jodversorgung ärztlich beraten.
Zudem solltest du nicht von heute auf morgen deine Jodzufuhr extrem steigern. Hast du in den letzten Jahren kaum Jod eingenommen, erhöhe die Dosis in kleinen Schritten bis auf 200 Mikrogramm, um deinen Körper nicht zu überfordern.
Kritische Nährstoffe: Selen
Selen als kritischen Nährstoff haben die meisten Veganer*innen anfangs nicht im Kopf. Dabei ist das Spurenelement ein wichtiger Bestandteil vieler Enzyme. Besonders wenn es um die Gesundheit deiner Schilddrüse oder die Produktion von Spermien geht, zeigt Selen, dass es unersetzlich ist. Aber auch bei der Immunabwehr und sogar beim Kampf gegen Freie Radikale, beweist Selen seine Stärke.
Aber wie kommt es, dass Selen als kritischer Nährstoff beachtete werden muss? Wie viel benötigst du? Und was passiert, wenn du zu viel Selen einnimmst?
Selenmangel
Ähnlich wie beim Jod, wird Selen im Boden gespeichert und gelangt von dort in die Pflanzen. Und ebenfalls wie beim Jod, sind unsere deutschen Böden sehr selenarm, sodass deutsches Gemüse und Getreide schlechte Selenquellen sind. Menschen die sich omnivor ernähren erhalten hauptsächlich durch Fleisch, Eier und Milch ihr benötigtes Selen, da Tierfutter in Europa mit Selen angereichert werden darf.
Als Veganer*in entfallen aus guten Gründen folglich die gängigen Selenquellen.
Ein Selenmangel tritt in Deutschland dennoch selten auf. Anzeichen für eine Unterversorgung sind zunächst weiße Flecken auf den Fingernägeln sowie Haarausfall. Bei einer länger anhaltenden deutlichen Unterversorgung kann es zu Schilddrüsenfunktionsstörungen, Infektanfälligkeit, Kopfschmerzen, Unfruchtbarkeit, Gelenkschmerzen und Gewichtsverlust kommen. Zudem wird von einem erhöhten Risiko für einige Krebserkrankungen sowie Schuppenflechte und Wochenbettdepressionen bei Frauen ausgegangen.
Selenquellen
Die meisten pflanzlichen Lebensmittel in Deutschland enthalten nur geringe Mengen an Selen. Am meisten findet sich noch in Hülsenfrüchten, Quinoa, Champignons, Reis und Nüssen.
Paranüsse sind eines der wenigen Lebensmittel mit einem hohen Selengehalt. Aber erneut gibt es einige Faktoren, die du kennen solltest, bevor du dein Müsli mit Paranüssen schmückst.
Der Gehalt von Selen in Paranüssen schwank je nach Herkunftsland deutlich. Paranüsse aus Brasilien enthalten teilweise sehr viel Selen. Moderatere Mengen finden sich in Paranüssen aus Peru und Bolivien. Um eine Überdosierung zu vermeiden, solltest du zum einem versuchen Paranüsse aus Peru oder Bolivien zu kaufen und zum anderem nicht mehr als 2 Stück pro Tag essen.
Ein anderer Faktor, der dir bei dem Konsum von Paranüssen bewusst sein sollte, ist die Radioaktivität. Paranüsse weisen eine sehr hohe Radioaktivität auf. Laut den Bundesamt für Strahlenschutz haben die unscheinbaren Nüsse einen ca. 1000-fach höheren Radiumgehalt als die gängige Gesamtnahrung in Deutschland.5
Für Schwangere, Babys und Kleinkinder sind Paranüsse als Selenquelle nicht zu empfehlen.
Selenbedarf
Dein Selenbedarf ist abhängig von deinem Körpergewicht. Im Durchschnitt benötigen Frauen rund 60 Mikrogramm Selen pro Tag. Männer ca. 70 Mikrogramm.4
Da Paranüsse aus genannten Gründen eine suboptimale Selenquelle sind, bieten sich Selentabletten an. Diese enthalten eine konstante Wirkdosis und sind frei von Radioaktivität.
Eine Überdosierung solltest du auch hier unbedingt vermeiden. Die Spanne zwischen zu viel und zu wenig ist wie beim Jod sehr gering. Bereits ab einer Menge von 300 Mikrogramm kann es zu gesundheitlichen Folgen kommen. Symptome einer langfristigen Überversorgung sind brüchige Nägel, Hautveränderungen Haarausfall sowie das erhöhte Risiko für eine Leberzirrhose, Herzmuskelschwäche und Diabetes mellitus.
Du bist noch unsicher, ob dein Nährstoffbedarf derzeit gedeckt ist? Was für dich die besten Jodquellen sind und wie du am einfachsten deinen Selenbedarf decken kannst?
Gerne unterstütze ich dich mit einer ausführlichen individuellen Nährstoffanalyse. Dafür notierst du eine Woche, was du isst und erhältst anschließend eine Übersicht über deinen Bedarf, deine derzeitige Versorgung und selbstverständlich praktische Tipps, wie du Defizite unkompliziert auflösen kannst. Dazu gibt es eine individualisierte Auswahl an alltagstauglichen Rezepten für deinen persönlichen Nährstoffbedarf.
Worauf wartest du noch?
Quellen
- https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/degs-jod-studie.html
- https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/food/algen-als-rohstoff-der-zukunft/
- https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/jod/?L=0
- https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/lebensmittel/radioaktivitaet-nahrung/radioaktivitaet-nahrung_node.html
- https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/selen/?L=0