Was bedeutet eigentlich Bioverfügbarkeit?
Wenn du häufiger Artikel zu Ernährungsthemen liest, ist dir bestimmt schon einmal der Begriff Bioverfügbarkeit über den Weg gelaufen. Auch in meinen Artikeln schreibe ich regelmäßig über die Bioverfügbarkeit von zum Beispiel Vitaminen und Mineralstoffen. Aber was ist mit Bioverfügbarkeit überhaupt gemeint?
Bioverfügbarkeit – eine knappe Definition:
Mit dem Begriff Bioverfügbarkeit wird beschrieben, wie viel Prozent einer Substanz vom Darm aufgenommen wird und somit deinem Körper wirklich zur Verfügung steht.
Bioverfügbarkeit in Medizin und Ernährung
Sowohl in der Medizin wie auch im Ernährungssektor wird der Ausdruck der Bioverfügbarkeit genutzt. In der Medizin beschreibt die Bioverfügbarkeit den Anteil und die Geschwindigkeit eines Medikaments, welches in deinem Blutkreislauf ankommt. Gemessen wird dies mit Hilfe einer Blutprobe. Dabei wird geschaut, zu welchen Zeitpunkt wie viel des Wirkstoffes in deinen Blut vorhanden ist.
Du kannst dir das vorstellen wie bei einer Anwesenheitsprüfung. Auf der Anmeldeliste wird abgeharkt wer da ist.
Kommt bei der Messung von Medikament A heraus, dass 100 Prozent von dem eingenommenen Medikament in der Blutprobe wieder auftaucht, ist die Bioverfügbarkeit optimal.
Sind in deiner Blutprobe für Medikament B nur 50 Prozent nachweisbar, ist die Bioverfügbarkeit nur halb so groß. Praktisch brauchst du die doppelte Dosis von B für die Gleiche Wirkung wie bei Medikament A.
In der Ernährung wird der Begriff ähnlich verwendet. Es geht darum, wie viel von den Nährstoffen an ihren Zielort ankommt um dort den gewünschten Effekt zu erzielen. Zum Beispiel wie viel von dem Kalzium deines Brokkoligratins in deinen Knochen ankommt, um dort eingebaut zu werden und dich langfristig vor Osteoporose zu schützen.
Bioverfügbarkeit messen
Um die Bioverfügbarkeit verschiedener Nährstoffe aus unterschiedlichen Lebensmitteln zu testen, wird statt einer Blutprobe häufig die Ausscheidung über den Stuhl und Urin gemessen. Daneben gibt es noch die Möglichkeit den zu untersuchenden Nährstoff radioaktiv zu markieren und damit auf speziellen Messgeräten sichtbar zu machen.
Praktisch wird zum Beispiel dem Kalzium aus deinem Brokkoligratin ein Teelicht aufgebunden. Dieses wird anschließend auf dem Weg durch deinen Körper verfolgt, um Rückschlüsse über dessen Wirkung zu erzielen.
Warum wichtig?
Genug der Theorie!
Warum ist es für dich wichtig, über die Bioverfügbarkeit verschiedener Nährstoffe Bescheid zu wissen?
Spinat als Eisenquelle
Erinnerst du dich noch an Popeye. Die berühmte Comicfigur erlangte durch den Konsum von einer Dose Spinat Superkräfte. Viele Jahre lang galt Spinat tatsächlich wegen seines enormen Eisengehalts als Superfood. Mittlerweile ist klar, dass Spinat einen nicht ganz so hohen Eisengehalt hat. Ob der Irrtum auf Grund eines Kommafehlers oder der Verwechslung von frischen und getrockneten Spinat zurückzuführen ist, bleibt ungewiss. Übrig bleibt das grüne Blattgemüse, welches trotzdem mit 4,1 Milligramm auf 100 Gramm einen beträchtlichen Eisengehalt aufweist.
Mit 250 Gramm könnte ein Mann seinen von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Tagesbedarf an Eisen decken. Eine Frau bräuchte etwa 350 Gramm.
Leider funktioniert die Rechnung nur in der Theorie. Von den in Nahrungsmitteln enthaltenen Eisen, kommt in deinem Körper leider nur ein sehr geringer Anteil dort an, wo es gebraucht wird.
Im allgemeinem Durchschnitt werden 90 Prozent des aufgenommenen Eisens ungenutzt wieder ausgeschieden. Eisen aus tierischen Produkten, sogenanntes Hämeisen kann dein Körper besser verwerten als Nicht-Hämeisen aus Pflanzen.
Bei unserem Spinatbeispiel kommt noch die Oxalsäure als weiteres Hemmnis der Eisenresorption hinzu. Die Oxalsäure im Spinat bildet mit dem Eisen in deinem Magen Komplexe, die ungenutzt mit dem Stuhl oder Urin ausgeschieden werden. Stell dir das Eisen und die Oxalsäure als Klumpen vor Kleben sie zusammen, sind sie zu groß, um durch die Tür in deine Darmzellen zu gelangen.
Bioverfügbarkeit von Eisen
Du merkst, von den 4,1 Milligramm bleibt kaum etwas übrig. Die schlechtere Verwertbarkeit von Nicht-Hämeisen sowie die höhere Aufnahme von Oxalsäure bei Veganer*innen sind zwei Gründe warum du gezielt häufiger zu eisenreichen Lebensmitteln greifen solltest, um möglichen Defiziten vorzubeugen.
Sowohl die „Art“ der Nährstoffe (z.B. Hämeisen und Nicht-Hämeisen) wie auch andere Substanzen (Oxalsäure) haben folglich einen Einfluss auf die Aufnahme von Eisen, d.h. die Bioverfügbarkeit. Es gibt noch eine Reihe weiterer Faktoren die sich hemmend aber auch fördernd auf die Resorption von Nährstoffen auswirken können.
Ob und wie stark einer dieser Faktoren wirkt, ist in der Regel abhängig von den Nährstoffen.

Faktoren die die Bioverfügbarkeit beeinflussen
Alter:
Ein höheres Alter wirkt sich bei sehr vielen Nährstoffen hemmend aus. Ein bekanntes Beispiel ist die verminderte Bioverfügbarkeit von Vitamin B12. Um in deine Darmzellen zu gelangen und von dort an seinen Bestimmungsort zu gelangen, braucht Vitamin B12 normalerweise einen Transporter. Man spricht dabei von aktiven Transport. Der Intrinsische Faktor (bzw. Intrinsic Faktor) wird in deiner Magenschleimhaut gebildet und fungiert als ebendieser Transporter. Bei älteren Menschen lässt die Produktion des Intrinsischen Faktors nach und immer weniger Vitamin B12 kann aktiv aufgenommen werden.
Auch andere Stoffe wie Vitamin D werden im Alter schlechter resorbiert, woraus oftmals ein erhöhter Bedarf entsteht. Umgekehrt gilt das übrigens auch. Babys nehmen zum Beispiel statt 10 Prozent bis zu 40 Prozent des Eisens aus ihrer Nahrung auf.
Intestinales Mikrobiom:
Die überragende Bedeutung der Darmflora für die Gesundheit, hat in den letzten Jahren einige Schlagzeilen in den Medien gefüllt. Im Grunde wissen wir kaum etwas über die Bakterienvielfalt in unserem Darm. Sicher ist, die winzigen Mikroorganismen haben eine bedeutende Wirkung auf deine Gesundheit und dein Wohlbefinden. Unter anderem sind sie Beteiligt an der Nährstoffaufnahme. Wie sie das genau anstellen, ist (noch) unbekannt.
Um die kleinen Gesundheitshelferchen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, kannst du ihnen am besten täglich ein Festmahl servieren. Mit einer bunten und frischen Pflanzenkost, voller wertvoller Ballaststoffe kannst du die guten Darmbakterien in ihrem Wachstum fördern, um selbst wiederum von ihnen zum Beispiel durch eine erhöhte Nährstoffresorption profitieren zu können.
Kauzeit:
Jetzt mal ehrlich, kaust du jeden Bissen 20 bis 30-mal? Ich für meinen Teil, leider nicht. Entweder ist die Zeit zu knapp oder es schmeckt einfach zu gut. Allerdings nimmst du deinem Darm eine Menge Arbeit ab, wenn du dein Frühstücksmüsli bereits im Mund zerkleinerst. Zudem sorgt das gründliche Kauen dafür, dass der Nahrungsbrei eingespeichelt wird und so besser nach unten weiterrutscht. Nebenbei enthält dein Speichel auch Enzyme die bereits die Kohlenhydrate aus den Haferflocken in deinem Mund in kleinere Einheiten zerlegen. Mit Sicherheit erinnerst du dich an das beliebte Experiment Brot so lange zu kauen bis es süß schmeckt. Dabei wird die Stärke (lange Kohlenhydratketten) in Zucker (kurze Kohlenhydratstücke) aufgespalten. Als Bonus wirkt dein Speichel zudem antimikrobiell und tötet Bakterien ab, die in deinem Bauch nichts zu suchen haben.
Durch das Zerkleinern der Nahrung beim Kauen wird die Oberfläche vergrößert. Die Enzyme in deinem Darm können so besser arbeiten und die Nährstoffe abbauen.
Ob du ausreichend Kaust, kannst du mit Mais testen. Grill dir beim nächsten Sommerfest einen Maiskolben. Die nächsten Tage wirfst du gelegentlich einen Blick in die Kloschüssel. Siehst du in deinen Hinterlassenschaften noch intakte Maiskörner, solltest du deine Kiefernmuskel etwas mehr anstrengen und dir vor allem ausreichend Zeit zum Essen nehmen.
Gründliches Kauen hilft allerdings nicht in allen Fällen die Bioverfügbarkeit zu erhöhen. Leinsamen sind beispielsweise so klein und hart, dass deine Zähne sie nur sehr schwer zerkleinern können. Daher ist es sinnvoll Leinsamen in geschroteten Zustand zu genießen.
Individuelle Nährstoffspeicher:
Dein Körper weiß mehr als du denkst. Sind zum Beispiel deine Eisenspeicher prall gefüllt, drosselt dein Organismus die Aufnahme von weiteren Eisen aus Nahrung und Supplements. Sehen deine Eisenspeicher hingegen aus wie dein Konto am Ende des Monats, legt er sich richtig ins Zeug und verdoppelt bzw. verdreifacht die Resorptionsrate von Eisen auf 20 bis 30 Prozent.
In der Biologie spricht man gerne von Homöostase. Dein Körper versucht stehts die Balance zu halten. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig.
Grundsätzlich gehört dein Organismus eher zu den gemütlichen Zeitgenossen und vermeidet unnötige Anstrengung bzw. Energieverbrauch. Er benimmt sich so wie Schüler*innen die gerade so viel lernen, dass es für eine 4 reicht und sie weiterkommen.
Allerdings solltest du trotzdem stets mit ihm zusammenarbeiten. Sorge dafür, dass du ausreichend aber nicht übermäßig mit allen essentiellen Nährstoffen versorgt bist. Kleine Abweichungen kann dein Körper ausgleichen, bei Größeren kann es zu schweren Schäden kommen.
Zudem kommt es auf die Nährstoffe selber an. Wasserlösliche Vitamine scheidet dein Körper bei einer Überversorgung einfach mit dem Urin aus. Bei Vitamin B2 siehst du das an der sonnig gelben Verfärbung deines Urins. Fettlösliche Vitamine (A, D, K und E) hingegen bunkert dein Körper. So solltest du vor allem bei diesen eine Überdosierung vermeiden.
Erkrankungen:
Vor allem Erkrankungen des Magens und des Darms sowie der Bauspeicheldrüse und Leber haben einen signifikanten Einfluss auf die Bioverfügbarkeit zahlreicher Nährstoffe.
Um bei dem Beispiel des Vitamin B12 zu bleiben: Bei einer chronischen Gastritis Typ A (umgangssprachlich Magenschleimhautentzündung) werden die den Intrinsischen Faktor produzierenden Zellen von deinem eigenem Körper angegriffen und zerstört. Im Grunde zerbombt dein Organismus die Fabrikhallen für die Transportfahrzeuge. Am Ende steht das Vitamin B12 ohne Mitnahmegelegenheit da und du leidest unter den Folgen eines Vitamin B12 Mangels.
Keine Sorge, eine chronische Gastritis ist selten (ca. 1 Person pro 10.000 Einwohnern). Zudem kann ein Intrinsisch-Faktor-Mangel mit einem Test nachgewiesen werden.
In der Regel braucht Vitamin B12 zwar einen Transporter für die aktive Aufnahme, wenn du allerdings große Mengen Vitamin B12 (z.B. in hochdosierten Supplements) zu dir nimmst, kann es auch passiv aufgenommen werden. Personen mit chronischer Gastritis erhalten deswegen eine Therapie mit täglich 1 mg B12 statt den normalerweise empfohlenen 4µg. In seltenen Fällen wird Vitamin B12 auch per Spritze verabreicht um den Weg über die Darmschleimhaut zu umgehen.
Matrix:
Keine Sorge das Anschauen des bekannten Sciences-Fiction-Films der 90er hat keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Vitaminen und Nährstoffen. Mit der Matrix ist die Struktur von Tabletten gemeint. Um genau zu sein, geht es um Nahrungsergänzungsmittel und deren Darreichungsform.
Bei Supplements ebenso wie bei klassischen Arzneimitteln gibt es sogenannte „Retard-Tabletten“. Diese geben die enthaltenen Wirkstoffe nicht direkt, sondern verzögert ab. Dadurch wird die Wirkzeit über einen längeren Zeitraum gestreckt.
Der konkrete Vorteil für dich kann eine bessere und gleichmäßigere Absorption der Wirkstoffe sein.
Dein Körper kann in einer begrenzten Zeit in den meisten Fällen nur eine festgelegt Menge an Vitaminen und Mineralstoffen aufnehmen. Das klassische vegane Beispiel ist Vitamin B12 bei dem deine Darmzellen aktiv maximal 1,5 µg auf einmal aufnehmen können. Der Retard-Effekt sorgt dafür, dass immer wieder winzige Einheiten der Tablettensubstanzen abgegeben werden und es so nicht zu einer Übersättigung kommt.
Entsprechende Retard-Tabletten solltest du allerdings genau nach Anweisung einnehmen, um bestmöglich zu profitieren. Zudem sind die Pillen in der Regel nicht teilbar und sollten unzerkaut geschluckt werden.
Zubereitungsart:
Mit Sicherheit kennst du die Aussage, dass Beta-Carotin aus gekochten Karotten viel besser aufgenommen werden kann als aus Rohen. Zudem gilt die Empfehlung einen Schluck Öl zuzugeben. Beta-Carotin als Vorstufe von Vitamin A ist fettlöslich. Damit dein Körper etwas mit fettlöslichen Vitaminen anfange kann, musst du entsprechende Nahrungsmittel zusammen mit etwas Fett essen. Keine Sorge, du musst deine Möhren nicht frittieren, bereits ein Teelöffel reicht vollkommen aus. Für die Resorption fettlöslicher Vitamine sind zwar gesättigte Fettsäuren etwas effektiver, aber auf Grund der zahlreichen positiven Eigenschaften ungesättigter Fettsäuren, solltest du lieber zu Lein- und Rapsöl als zu Kokosfett greifen.
Bei der Zubereitung von Gemüse gilt die alte Regel: Abwechslung!
Vitamin C, B1, B2, Folsäure… sind hitzeempfindlich und werden durch hohe Temperaturen beim Backen und Kochen teilweise zerstört. Der Verlust an Vitaminen und Mineralstoffen ist abhängig von dem Verfahren sowie der Dauer.
Zerkochst du deinen Blumenkohl zu Püree, werden die hitzeempfindlichen Vitamine natürlich stärker beschädigt als beim schonenden al dente dünsten.
Bei den Mineralstoffen spielt die Wasserlöslichkeit eine größere Rolle. Magnesium und Co. gehen beim Garen in die Flüssigkeit über. Verwendest du das Kochwasser weiter statt damit deinen Abfluss zu füttern, kannst du von der geballten Mineralstoffpower profitieren.
Trotz der Verluste beim Kochen und Backen ist die reine Rohkosternährung (meiner Meinung nach) keine gute Idee. Neben den populären Karotten-Beta-Carotin erhöht schonendes Garen auch die Bioverfügbarkeit diverser anderer Nährstoffe. Wie beim Kauen wird deinem Darm vor der Verdauung Arbeit abgenommen.
Arzneimittel:
Neben den Erkrankungen selber, können auch die dafür verschriebenen Arzneimittel die Bioverfügbarkeit beeinflussen. Bekannte Medikamente die die Bioverfügbarkeit zahlreicher Mineralstoffe und Vitamine reduzieren sind Protonenpumpenhemmer (v.a. Eisen), diverse Antibiotika (v.a. Zink) und Cholesterinsenker (v.a. Vitamin E).
Auf der anderen Seite beeinflussen Nahrungsmittel die Bioverfügbarkeit von Medikamenten. Bekannt ist dir vermutlich der Hinweis: „Bitte auf nüchternen Magen einnehmen“. Damit wird sichergestellt, dass die Wirkung entsprechend gekennzeichneter Arzneistoffe schnell und effektiv eintritt ohne, dass im Darm die Absorption durch den Nahrungsbrei verzögert wird. Der Nachteil der „nüchternen Einnahme“ ist ein erhöhtes Risiko für Schleimhautreizungen und Magenschmerzen.
Die Auswirkung von Lebensmitteln auf die Wirksamkeit von Medikamenten solltest du nicht unterschätzen. Einige Antibiotika verlieren bis zu 50 Prozent ihrer Wirkkraft bei der zeitgleichen Einnahme mit (kalziumreichen) Lebensmitteln. Grapefruitsaft hingegen steigert die Bioverfügbarkeit diverser Medikamente und erhöht so das Risiko für Nebenwirkungen.
Andere Nährstoffe:
Vitamine und Mineralstoffe beeinflussen sich auch gegenseitig. Sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung. Ein mittlerweile bekanntes Beispiel ist die Kombination von Vitamin C und Eisen.
Wie beschrieben, hat besonders das Nicht-Hämeisen aus Pflanzen eine geringe Bioverfügbarkeit. Isst du allerdings deine eisenreichen Linsen mit Vitamin-C-reicher Paprika, erhöht sich die Bioverfügbarkeit um das Doppelt bis Vierfache. Auf der anderen Seite reduziert die zeitgleiche Einnahme großer Zinkmengen die Eisenresorption signifikant.
Die gegenseitigen Einflüsse von Mineralstoffen und Vitaminen sind sehr komplex und stark von der Dosierung abhängig. Das in Linsen enthaltenen Zink hemmt die Eisenaufnahme zum Beispiel weniger als ein hochdosiertes Zinksupplement.
Die hemmenden Interaktionen zwischen Vitaminen und Mineralstoffen sind daher vor allem bei Nahrungsergänzungsmitteln zu beachten. Nimmst du beispielsweise am Morgen eine Eisentablette, solltest du die Einnahme von zusätzlichen Zink auf mittags oder abends verschieben.
Hemmende Substanzen:
Vollkorngetreide ist ungesund und Hülsenfrüchte enthalten Giftstoffe. In den letzten Jahren haben zahlreiche solcher Meldungen die Medien geflutet. Eventuell haben dich die Berichte über toxische Lektine und ähnliches verunsichert. Dahinter stecken (neben einer Menge pseudowissenschaftlichen Schwachsinns) sogenannte Anti-Nährstoffe bzw. antinutritive Substanzen.
Auswahl wichtiger Antinährstoffe:
Antivitamine:
Wirken als kompetitive Hemmer. Das heißt, sie haben eine ähnliche Struktur wie die eigentlichen Vitamine und besetzen an den Wirkorten die entscheidenden Stellen. Folglich können die wirksamen Vitamine nicht andocken. Im Ergebnis ist es, wie wenn du im Internet das neuste Smartphone für 20 Euro bestellst und ein Tag später das leere Gehäuse auspackst. Sieht aus wie das bestellte Handy, ist aber vollkommen unbrauchbar.
Eine andere Möglichkeit wie Antivitamine wirken (nicht-kompetitive Hemmung) ist die Verbindung mit den entsprechenden Vitamine, sodass diese als Komplex nicht mehr an ihren Bestimmungsort aufgenommen werden können.
Ein bekanntes Beispiel ist das Glykoprotein Avidin in rohen Eiklar, welches die Aufnahme von Biotin stark vermindert.
Antivitamine sind in der Regel hitzelabil. Kochst oder backst du entsprechende Lebensmittel, verlieren die Antivitamine ihre hemmende Wirkung.
Antienzyme (Enzym-Inhibitoren):
Wie bei den Antivitaminen wirken Enzym-Inhibitoren sowohl kompetitiv hemmend wie auch nicht-kompetitiv hemmend.
Protease-Inhibitoren hemmen die Aufspaltung und damit die Aufnahme von Proteinen, indem sie sich mit eiweißspaltenden Verdauungsenzymen (Proteasen), verbinden. Protease-Inhibitoren sind vorwiegend in Hülsenfrüchten und Getreide enthalten.
Große Bedeutung für die vegane Ernährung haben vor allem Sojabohnen-Trypsin-Inhibitoren. Mindestens 5 verschiedene Protease-Inhibitoren sind in den rohen Sojabohnen enthalten.
Keine Sorge, wenn du deine Sojabohnen (und andere Hülsenfrüchte) vor dem Verzehr wie üblich kochst, verlieren die Protease-Inhibitoren ihre hemmende Wirkung.
Wo Schatten ist, muss auch Licht sein. Seit einigen Jahren wird untersucht, inwiefern Protease-Inhibitoren sich sogar positiv auf die Gesundheit auswirken, indem sie gegen Krebs wirken.
Lektine:
Wenn du dich beim fachgerechten zerlegen deines Tofublocks in den Finger schneidest, verhindert in kurzer Zeit ein Blutpfropf auf der Wunde, dass du verblutest. Schwierig wird es, wenn sich in deinen Gefäßen Blutpfropfen bilden.
In Pflanzen sind Lektine am Wachstum, der Inneren Zellkommunikation und den Stofftransport beteiligt. Bei Menschen hingegen können Lektine zu einer Verklumpung (Agglutination) der Blutkörperchen führen. Zudem wirken sie sich besonders in Kombination mit Protease-Inhibitoren negativ auf die Bioverfügbarkeit diverser Nährstoffe aus. Allerdings kannst du erneut deine Bohnen und Linsen genießen, sofern du sie zuvor gekocht hats.
Phytinsäure:
Sowohl in Vollkorngetreide wie auch in Hülsenfrüchten und Ölsaaten wie Sesam und Leinsamen findest du Phytinsäure. Für die Pflanze wichtig als Speicherort, reduziert Phytinsäure die Bioverfügbarkeit unter anderem von Eisen, Zink und Kalzium.
Die wirkungsvollsten Methode um Phytinsäure unschädlich zu machen, ist das mehrstündige Einweichen von Getreide, Hülsenfrüchten und Co. Im Weiteren reduzieren Fermentationsprozesse sowie das Keimen entsprechender Lebensmittel den Phytinsäuregehalt signifikant.
Da sich die Phytinsäure vor allem in den Randschichten der Getreidekörner befindet, wäre auch schälen bzw. die Verwendung von Weißmehl phytinsäurereduzierend. Allerdings stecken in den Randschichten auch die meisten gesunden Vitamine und Mineralstoffe.
Oxalsäure:
Wie zuvor beschrieben, wirkt sich Oxalsäure hemmend auf die Bioverfügbarkeit unter anderem von Eisen und Kalzium aus. Weitere Informationen zu Oxalsäure und wie du sie effektiv reduzieren kannst, findest du hier.
Goitrogene (Kropf erzeugende Stoffe):
Kreuzblütlergewächse wie Brokkoli, Wirsing und Co. wurden in zahlreichen Studien als besonders gesundheitsförderlich eingestuft. Einen kleine Einschränkung solltest du vor den ungezügelten Konsum von Literweisen Brokkoli-Smoothies beachten. Die in den Kreuzblütlern enthaltenen Glucosinolate (schwefelhaltige chemische Verbindungen) gehören zu den goitrogenen Stoffen und können wie der Name bereits andeutet, einen Kropf, das heißt eine Vergrößerung der Schilddrüse erzeugen.
Glucosinolate in großen Mengen reduzieren die Jodaufnahme, sodass deine Schilddrüse die auf Jod angewiesen ist nicht mehr richtig arbeiten kann. In der Folge vergrößert sich die Schilddrüse um den Jodmangel auszugleichen und mit der Zeit entsteht an deinem Hals ein Kropf.
Achte vor allem im Winter, wenn die Auswahl regionaler und saisonaler Gemüsesorten stark eingeschränkt ist auf eine gute Jodversorgung. Tiefkühlgemüse enthält fast so viele Vitamine und Mineralstoffe wie Frischkost und kann in kargen Zeiten Abwechslung auf deinen Teller zaubern.
Tannine (Gerbstoffe):
Hast du schon einmal gesehen wie eine Pflanze vor einer Raupe oder Heuschrecke weggelaufen ist, um nicht als deren Mittagessen zu enden? Pflanzen haben nicht die Option wegzulaufen, sodass sie sich anders vor Fressfeinden schützen müssen. Eine Möglichkeit sind sekundäre Pflanzenstoff die sich negativ auf die Pflanzenfresser auswirken und ihnen den Appetit verderben. Tannine gehören zu den Stoffen, mit denen sich Pflanzen zu Wehr setzen.
Da wir Menschen praktisch ebenfalls mehr oder weniger Pflanzenfresser sind, wirken Tannine auch auf uns als Anti-Nährstoff. Enthalten sind Tannine unter anderem in schwarzen und grünen Tee (merkst du an den herben Geschmack), in (gerösteten) Kaffeebohnen, in Wein bzw. in den Trauben sowie in Beeren. Besonders in Rotwein entscheiden bis zu 30 verschiedene Tannine über dessen Geschmack.
Tannine sind zwar nicht der Hauptgrund warum du es mit den Weintrinken besser nicht übertreibst, dennoch solltest du bei dem Genuss der aufgezählten Nahrungsmitteln an deren antinutritive Wirkung denken und zum Beispiel dein eisenreiches Haferflockenmüsli nicht mit grünen Tee zusammen genießen, sondern mit 2 Stunden Abstand.
Saponine (Bitterstoffe):
Wie Tannine werden auch Saponine von den Pflanzen als Abwehrstoffe gegen Insektenfraß und Pilzbefall genutzt.
Kommen Saponine mit Wasser in Berührung bildet sich Schaum, was gerne in der Kosmetikindustrie aber auch in der Lebensmittelchemie (Schaumkrone beim Bier) genutzt wird. Eventuell hast du auch schon einmal Waschnüsse als nachhaltiges Waschmittel wegwendet. Die in den Waschnüssen enthaltenen Saponine unterstützen den Waschvorgang durch die Bildung stabiler Schäume und das Herabsetzen der Oberflächenspannung des Wassers, sodass deine Wäsche nachher strahlend weiß wird, oder zumindest sauber.
Im Pflanzenreich sind Saponine weit verbreitet. Vom Spargel bis zum Hafer kommen die bitteren Stoffe vor. Wie fast immer gibt es Schatten und Licht. Auf der einen Seite können Saponine sich negativ auf deine Verdauung auswirken und die Bioverfügbarkeit zahlreicher Nährstoffe reduzieren. Auf der anderen Seite stehen Studien die antibiotische, cholesterinsenkende, antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften nahelegen.
Gehalt unterschiedlicher Antinährstoffe in Obst und Gemüse:
An dieser Stelle kann ich dir leider keine hübsche Tabelle mit den genauen Gehalt von Lektinen und anderen antinutritiven Substanzen in deinen Obst und Gemüse präsentieren. Wie viel Phytinsäure beispielsweise in einem Weizenkorn steckt ist von vielen Faktoren abhängig und unterliegt entsprechend starken Schwankungen. Neben der Sorte (es gibt weltweit über 1.000 verschiedene Weizensorten) entscheiden die Anbaubedingungen und die anschließende Lagerung über die Präsenz von Antinährstoffen. Die Einflüsse von Bodenstruktur, Wetter, Pflanzenkrankheiten und Insektenfraß beeinflussen die Pflanze individuell mit der Produktion der für sie schützenden antinutritiven Substanzen zu beginnen.
Antinährstoffe in Hülsenfrüchten und Co. – Besser verzichten?
Zugegeben, die negativen Auswirkungen der verschiedenen antinutritiven Substanzen klingen wenig einladend sich direkt einen leckeren Bohnensalat mit Brokkoli zuzubereiten. Allerdings haben die unterschiedlichen sekundären Pflanzenstoffe wie bereits aufgeführt, sowohl negative wie auch positive gesundheitliche Auswirkungen.
Es kommt einmal mehr auf die richtige Dosierung an. Täglich einen Kopf rohen Weißkohl mit einem Spinat-Grünkohl-Smoothie runterzuspülen, ist definitiv zu viel des Guten. Ernährst du dich jedoch abwechslungsreich, überwiegen die positiven Eigenschaften der verschiedenen sekundären Pflanzenstoffe. Außerdem sind es offensichtlich die besonders vitamin- und mineralstoffreichen Gemüse- und Obstsorten, die größere Mengen antinutritiver Substanzen enthalten, sodass du am Ende des Tages trotz der hemmenden Anti-Nährstoff noch ein großes Plus auf deinen Gesundheitskonto stehen hast. Selbstverständlich verrate ich dir am Ende aber noch die besten Tricks um einen Großteil der Antinährstoffe auszuschalten und deine Nährstoffaufnahme zu optimieren.
Zusammenfassung Bioverfügbarkeit
Viele Faktoren beeinflussen die Bioverfügbarkeit von Nährstoffen. Auf ein paar wie dein Alter oder Erkrankungen hast du keinen Einfluss. Bei anderen hast du selbst einen Großteil der Macht in der Hand.
In der veganen Küche ist die Auswahl an Lebensmittel zumindest in der Theorie eingeschränkter als bei einer omnivoren Ernährung (in der Praxis essen die meisten mir bekannten Veganer*innen deutlich vielseitiger als vergleichbare Allesfresser*innen). Durch die verkleinerte Nahrungsmittelauswahl kann es schneller zu Mängeln an bestimmten Nährstoffen kommen, zumal einige Nährstoffe wie Eisen aus pflanzlichen Produkten schlechter verfügbar sind. Um dich auch bei der „einschränkenden“ veganen Ernährung optimaler Gesundheit erfreuen zu können, achtest du am besten sowohl auf bunte Abwechslung wie auch auf die Erhöhung der Bioverfügbarkeit.
Um am Ende nicht bei der Theorie hängenzubleiben, gibt es eine Zusammenfassung an Tipps und Tricks wie du deine Nährstoffaufnahme maximierst. Weil Ernährung immer ganzheitlich zu betrachten ist, reduzieren sich die Tipps nicht nur auf die Steigerung der Bioverfügbarkeit, sondern betrachten vegane nährstoffreiche Vitalkost als Ganzes.
7 effiziente Tricks deine Nährstoffaufnahme zu verbessern
Schonendes Garen:
Neben einen mehr oder weniger großen Anteil frischer Rohkost, sind Dämpfen, Dünsten und das Garen in der Mikrowelle bestens geeignet um Vitamine und Mineralstoffe auf der einen Seite besser verfügbar zu machen und auf der anderen Seite nicht zu zerstören.
Einweichen:
Bei Hülsenfrüchten schon fast ein Muss, erhöht mehrstündiges Einweichen auch in (Pseudo-)Getreide die Bioverfügbarkeit der wertvollen Vitamine und Mineralstoffe und machen deine Mahlzeiten nebenbei auch noch bekömmlicher.
Keimen:
Es erfordert etwas Geduld und Hygiene ist beim Keimen extrem wichtig. Belohnt wirst du mit aromatischen Nährstoffbomben, die vor allem im Winter einen Ausgleich zur eingeschränkten Gemüseauswahl liefern.
Fermentieren:
Ob als klassisches Sauerteigbrot, exotisch als Kombucha oder bodenständig als Sauerkraut. Fermentieren ist Trend. Zur Abwechslung aber ein sinnvoller Trend. Neben der besseren Bioverfügbarkeit der aufgenommenen Nährstoffe pflegst du mit fermentierten Speisen deine Darmflora, die sich wiederum ebenfalls positiv auf die Nährstoffaufnahme auswirkt.
Zeit:
Zeit für dich, für deine Bedürfnisse und für deinen Körper. Versuche so oft wie möglich genug Zeit für dein Essen einzuplanen, um nicht in Hektik alles zu verschlingen, sondern in ruhe zu Kauen und natürlich zu genießen. Du versorgst damit deinen Körper mit wichtigen Bausteinen und wirst selber schnell merken, dass gut gekautes Essen dich nachhaltiger sättigt und für weniger Darmprobleme sorgt.
Gesund bleiben:
Klar hast du das nicht immer selber in der Hand. Die Wenigsten wünschen sich eine Krankheit.
Ein gesunder Lebensstiel mit frischer und abwechslungsreicher Pflanzenkost, regelmäßiger Bewegung und ausreichenden Ruhepausen ist die Basis. Wirst du dennoch einmal krank, besprich mit einer medizinischen Fachkraft wie sich verschriebene Medikamente auf deinen Nährstoffhaushalt auswirken könnten und ob du gegebenenfalls mit Nahrungsergänzungsmitteln einer Unterversorgung vorbeugen solltest.
Alkohol:
Ein bis zwei Gläser Wein oder Bier in der Woche sind kein Problem. Alkohol bleibt aber ein Nervengift. Trinkst du regelmäßig größere Mengen, ist dein Körper zu sehr mit der Entgiftung beschäftigt, um auf die ausreichende Nährstoffversorgung zu achten. Die zahlreichen weiteren Auswirkungen von regelmäßigen Alkoholkonsum kannst du hier nachlesen.
Das Wichtigste: Abwechslung:
Kombiniere verschiedene Gemüse und Obstsorten mit Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen und anderen Leckereien. Eine gute Übersicht der gesundheitlichen Vorteile der einzelnen Lebensmittelgruppen kannst du in meiner Artikelserie über die vegane Ernährungspyramide nachlesen.
Wie du unterschiedliche Proteinquellen optimal kombinierst, erfährst du hier.
Fazit
Um sich als Veganer*in ausreichend gut mit allen relevanten Nährstoffen versorgt zu wissen, reicht es nicht sich im Internet Tabellen von Lebensmitteln anzuschauen, die viel Eisen, Zink… enthalten. Bei den meisten Vitaminen und Mineralstoffen entscheidet die Bioverfügbarkeit, ob zum Beispiel Kidneybohnen eine gute Eisenquelle sind.
Zum Abschluss die großen Unterschiede in der Bioverfügbarkeit von Kalzium
Quellen
https://www.precisionnutrition.com/all-about-phytates-phytic-acid
https://www.vegan.at/inhalt/kalzium
https://www.spektrum.de/lexikon/ernaehrung/sojabohnen-trypsin-inhibitor/8167
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-472012/lebenswichtiges-getuemmel-im-darm/
https://www.cardiopraxis.de/nebenwirkung-medikamente-mikronaehrstoffmangel/
https://hcfricke.com/2017/04/26/keimen-oder-kochen-ein-nachschlag/